Springe zum Inhalt

Tunesischer Filmabend „As I Open My Eyes“ (Arab. mit dtsch. UT)

Datum/Zeit
Datum - 21.06.2019
20:00 - 21:30 Uhr

„As I Open My Eyes“ von Leyla Bouzid (2015)

„As I open my eyes“, der erste Spielfilm der 1984 in Tunesien geborenen Leyla Bouzid, erzählt die Geschichte der 18-jährigen Farah, die 2010, direkt nach dem Abitur, als Sängerin in einer Rockband auftritt. Sie schreibt regimekritische Songtexte und verliebt sich in den Gitarristen Borhène, bis sie in die Fänge des Geheimdienstes gerät  und im Gefängnis. Ihre Mutter Fayat setzt alle Hebel in Bewegung, um ihre Tochter zurückzubekommen …

Leyla Bouzid schildert den seelischen, körperlichen und gesellschaftlichen Druck, der in Tunesien kurz vor dem Ausbruch des arabischen Frühlings auf allen lastete, nicht zuletzt durch die mitreißenden Songs, die den ganzen Film durchziehen.

2015 wurde er beim Filmfestival von Venedig gezeigt, wo er mit dem Publikumspreis und dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Wir zeigen „As I open my eyes“ in Kooperation mit der Tunesischen Botschaft in Berlin.

Aus einem Gespräch mit Leyla Bouzid

Der Film spielt in der Ära Ben Ali, aber das Drehbuch entstand erst nach seiner Absetzung. Wie entwickelte sich die Arbeit bezüglich der historischen Veränderungen in Tunesien?

Als die Revolution im Gang war, spürte man überall den Willen, sie filmend festzuhalten und abzubilden. Auch ich wollte zeigen, was wir erlebt und erlitten hatten: den erstickenden Alltag, die Allmacht der Polizei, die Überwachung, die Angst und die Paranoia, die die Tunesier in 23 Jahren angesammelt hatten. Die Revolution überraschte die ganze Welt, kam aber nicht aus dem Nichts. Für mich war klar, dass man die Vergangenheit schnell angehen musste, solange der Wind der Freiheit noch wehte.

Waren Sie sich während der Dreharbeiten bewusst, dass die Freiheiten bereits wieder beschnitten wurden? Befürchteten Sie nicht, die Epoche Ben Ali vor Ihrer Kamera aufleben zu sehen?

Ich war mir vor allem bewusst, dass ich den Film schnell fertigstellen musste, solange noch Zeit war. Und dass es wichtig war, die Angst der Leute unter Ben Ali zu zeigen, die Aspekte jener Jahre, die man nicht mehr wollte, sie festzuhalten als eine Art Schutzschild gegen ein mögliches Wiederaufflammen. Während des Drehs merkte ich, dass viele diese Jahre schon vergessen hatten. Die Leute haben die Reflexe jener Epoche verloren und auch die Erinnerung an die damaligen Ängste. Das ist unter gewissen Gesichtspunkten gar nicht so schlecht, es ist, als hätten wir es bereits hinter uns. Auf der andern Seite muss man sich aber gegen den Gedächtnisschwund wehren. Das ist eine der Funktionen des Kinos.

Sie sprechen von Angst gegenüber dem Polizeiapparat, aber es gibt auch die Bedrohung durch den Terrorismus, die schwer auf Tunesien lastet. Die Religion ist zudem im Film völlig abwesend.

Im Fokus steht die aktive, aufbrausende Jugend, die Musik und Konzerte machen will, die sich künstlerisch ausdrücken möchte. Die Religion steht in ihrem Leben nicht im Vordergrund. Mich interessierte es, diese energiegeladenen und kreativen jungen Menschen zu filmen. Eine Jugend, die täglich für ihre schiere Existenz kämpft und von der man selten spricht. Die Einzigen, die in den Medien regelmäßig einen Platz bekommen, sind jene, die sich dem Extremismus oder der Gewalt hingeben. Mir scheint es wichtig darauf hinzuweisen, dass es auch eine vitale, lebensbejahende junge Generation gibt, der ich mit Farah eine Stimme geben wollte, die von einem Terror mundtot gemacht wird, der aus dem System selbst kommt.